15.01.2026
Im Unterschied zu angelsächsischen Ländern sind in Deutschland marxistische Theorien und Methoden in der wissenschaftlichen Lehre relativ marginal. Vielen Studierenden sind die Begriffe fremd. Aber es gibt wachsendes Interesse, das sich z.B. aus der Klimabewegung speist und aus der Tatsache, dass wir die sich rasant verändernde Weltordnung verstehen wollen. In der Forschungsförderung und bei Stellenbesetzungen gibt es gegenüber marxistischen Ansätzen weiterhin Vorbehalte, die angesichts unserer Vielfachkrise höchst fraglich geworden sind. Denn zum Verständnis des globalen Kapitalismus, der Dominanz des Nordens, aber auch für die vielfältigen Versuche, diese Dominanz zu brechen, sind marxistische Theorien besonders hilfreich. In vielen Ländern des Globalen Südens, die dabei sind, die Jahrhunderte der westlichen Hegemonie zu überwinden, gibt es wichtige marxistische Forschung, die helfen kann, kritisch über unsere eigene Rolle und Ansätze zu reflektieren. Mit unserem Workshop stellen wir in dieser globalen und universitären Konstellation die Frage nach der Relevanz marxistischer Forschung und Lehre im deutschen Universitätsbetrieb neu.
Der Workshop richtet sich vor allem an Lehrende und Studierende an Universitäten und Fachhochschulen, um über folgende Fragen kritisch zu reflektieren:
Wie können wir nach drei Jahrzehnten der Marginalisierung des Marxismus an deutschsprachigen Universitäten wieder Theorien und Methoden in der Lehre einsetzen? Was bedeutet es in unterschiedlichen Disziplinen wie Ethnologie, Geschichte, Sinologie, Philosophie, Literaturwissenschaft, Volkswirtschaft und Politikwissenschaft? Welche persönlichen Erfahrungen gibt es dabei?
Welche Lehrbücher, Methoden und Originaltexte sind sinnvoll zu vermitteln und wie?
Welche Herausforderungen gibt es bei der Anwendung der Theorien und Methoden bezüglich Gesellschaften des Globalen Südens? Wie können wir marxistische Theoretiker*innen aus diesen Ländern in unsere Lehre einbeziehen? Was ist an dem Vorwurf des Eurozentrismus dran? Kann es einen sinnvollen Dialog mit den Postcolonial Studies geben? Wie können Texte von Autor*innen eingesetzt werden, die nicht auf Englisch oder Deutsch schreiben?
Zur Teilnahme ist eine Anmeldung erforderlich – per Email an: felix.wemheuer@ uni-koeln.de und kai.koddenbrock@ uni-bielefeld.de [
Programm
15. Januar 2026
10.00-10.30
Begrüßung durch Kai Koddenbrock und Felix Wemheuer
Vorstellungsrunde
10.30-12.00
Panel 1: Herausforderungen im Seminar I (Vorsitz: Clemens Greiner)
Frauke Banse (Universität Kassel): Methodologie und Klassenbegriff entlang von Marx
Christian Uhl (Universität Ghent): Marxist theory in the classroom – A practitioner’s account of his attempts to smuggle it back in after it has been excluded from mainstream curricula
Anil Shah (Universität Kassel): Der globale Marx: Herausforderungen, Strategien & Grenzen kritischer Lehre an der neoliberalen Universität
12.00-12.15 Pause
12.15-13.45
Panel 2: Herausforderungen im Seminar I (Vorsitz: Kai Koddenbrock)
Manuel Standop & Clemens Greiner (Universität zu Köln): Von der Theorie zum Schlagwort: Zur Notwendigkeit der Verkürzung der Marxschen Theorie im Seminarbetrieb
Eva Bockenheimer (Technische Hochschule Köln): „Ansichten pflanzen sich durch Teilung, Gedanken durch Knospung fort“ (Karl Kraus)
Felix Wemheuer (Universität zu Köln): Marxismus als Methode und der chinesische Kommunismus
13.45-15.00 Mittagspause (Essen in Mensa)
15.00-16.30
Panel 3: Klasse, „Rasse“ und Geschlechterverhältnisse (Vorsitz: Eva Bockenheimer)
Bafta Sarbo: Marxismus in der Lehre: Marxistische Methodologie in der Rassismustheorie
Agata Lisiak (Brad College, Berlin): Transnational Feminism and Fractured Solidarities
Kai Koddenbrock (Universität Bielefeld): ‚Racial capitalism‘ in der Lehre und geht intersektionale Analyse überhaupt?
16.30-16.45 Kaffeepause
16.45-18.15
Panel 4: Marxismus und globaler Süden (Vorsitz: Felix Wemheuer)
Luisa Standop (Universität Kassel): Terruqueo vs. Ignoranz? Marxismus und Peru
David Mayer (Universität Wien): „Marxismus“ in der Globalgeschichte im lateinamerikanischen Spiegel – Deutungen, Missverständnisse und Umkehrungen aus Lateinamerika
Christian Strümpell (Max Weber Forum for South Asian Studies, New Delhi): Globale Krisen und marxistische Ansätze in der deutschsprachigen Sozial- und Kulturanthropologie
19.00 Gemeinsames Abendessen
16. Januar 2026
09.00-10.30
Panel 1: Hindernisse und Herausforderungen (Vorsitz: Frauke Banse)
Maud Meyzaud (Universität Lüneburg): Marxismus als Ausgangspunkt und Ermöglichungsbedingung von Verflechtungen in den transatlantischen Netzwerken von Schriftsteller*innen im Zweiten Weltkrieg. Plädoyer für eine historische Tiefendimension in den Diskussionen um ‚Race‘ und ‚Class‘, Antisemitismus und Rassismus
Sidonie Kellerer (Universität zu Köln): Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft
Christoph Henning (University for Humanistic Studies Utrecht): Promovieren über marxistische Themen
10.30-10.45 Kaffeepause
10.45-12.00
Alex Demirovi? (RLS, tbc):
12.00-12.30
Abschlussdiskussion (Vorsitz: Wemheuer/Koddenbrock)
12.30 Mittagessen in Mensa
Eine Veranstaltung von: Lehrstuhl „Modernes China“ der Universität zu Köln, Lehrstuhl „Internationale Beziehungen und Politische Ökonomie“ der Universität Bielefeld und Global South Study Center (GSSC) an der Universität zu Köln, in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW
Veranstaltungsort
Uni Köln
Ort wird nach Anmeldung bekannt gegeben
Zeit
15.01.2026, 10:00 - 16.01.2026, 12:30 Uhr
Themenbereiche
Gesellschaftstheorie, Bildungspolitik
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Termine:
18.12.2025: Berlin: Freie Träger, wilder Streik: Sick Out – statt Burnout
22.12.2025: Online: Frauen im Rechtsaußenspektrum
24.01.2026: Kassel: Treffen vom Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di
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